Mit Internet Protocol Television (IPTV) wird allgemein der Übertragungsweg Internet für Fernsehprogramme und Filme bezeichnet im Gegensatz zu klassischem Rundfunk, Kabel oder Satellit. IPTV ist weder ein Standard noch ein Konzept und damit nur ein Gattungsbegriff, der in sehr vielen unterschiedlichen Ausprägungen anzutreffen ist.
Die unterschiedlichen Ausprägungen reichen vom einfachen IPTV über Computer oder Handy bis hin zu speziellen Endgeräten, bei denen der Benutzer gar nicht bemerkt, dass er das Internet dazu nutzt, weil er über den Fernseher eine Set-Top-Box bedient wie etwa bei Apple TV oder T-Home Media Receiver 300.
Definition
Der Begriff IPTV wird nicht einheitlich verwendet. Nachfolgend die bekanntesten Definitionen:
- Die Internationale Fernmeldeunion definiert IPTV sehr weit als „Multimediadienste“, wie Fernsehen, Video, Audio, Texte, Bilder und Daten, die über IP-basierende Netze übertragen werden und das benötigte Maß an Qualität (QoS/QoE), Sicherheit, Interaktivität und Zuverlässigkeit bereitstellen.
- Der Deutsche IPTV Verband definiert in seiner Satzung IPTV als die Übertragung von Bewegtbildern mit Hilfe des Internet Protokolls unter Verwendung beliebiger Endgeräte (mobil, stationär, etc.) und aller Formen IP-fähiger Netze (offene und geschlossene Netze). Der Betrieb von IPTV in geschlossenen Netzen wird Secure IPTV genannt. Wird hingegen das Internet als Übertragungsnetz verwendet, spricht man von WebTV oder Internet-TV. Mobile IPTV wiederum erlaubt eine ortsunabhängige IPTV Nutzung durch die Verwendung einer Funkverbindung zu einem IP-basierten Netz.
- Die Deutsche TV-Plattform definierte, bei der Gründungssitzung ihrer „Arbeitsgruppe IPTV“ im Herbst 2007, das „so genannte IPTV“ als „eine neue Verbreitungsform auf der Basis des `Internet Protocol` (IP)“, und grenzte diese dabei auch gegen das Internet-TV wie folgt ab:
- Beim IPTV wird von einem Telekommunikations-Anbieter einem bestimmten Nutzerkreis – den Abonnenten – ein festes Programmbouquet mit definierter Qualität in seinem Breitbandnetz zur Verfügung gestellt.
- Im Unterschied dazu können beim Internet-Fernsehen („TV over Internet“) beliebige Inhalte und Programme, die frei verfügbar im Netz zugänglich sind, zu jeder Zeit und überall von Jedermann heruntergeladen werden.
- Einige Anbieter von Programminhalten verstehen unter IPTV den frei zugänglichen Transport von Bewegtbildern über das Internet. Bei dieser Begriffsverwendung steht der freie Zugriff auf die Inhalte im Vordergrund und weniger der Aspekt der gesicherten Übertragung im Netz.
Frankreich galt im Juni 2008 mit 8,5 Millionen IPTV Kunden im Vergleich zu 6 Millionen Kunden für Kabelfernsehen als größter IPTV Markt, auch aufgrund der geringen technischen Reichweite von Kabelfernsehen (nur ¼ der Haushalte werden erreicht) und der vergleichsweise geringen Programmvielfalt im DVB-T Angebot. Auch in Hongkong haben die Nutzerzahlen von IPTV jene des Kabelfernsehens überholt. Im Vergleich dazu empfangen in Deutschland nur 0,4 % aller Fernsehhaushalte bzw. 1 % aller Breitbandhaushalte IPTV.
In Deutschland wird IPTV, je nach Einstufung des Angebots, durch das Telemediengesetz 2007 und / oder durch den Rundfunkstaatsvertrag reguliert.
Als wichtige Merkmale von IPTV werden die Unterstützung des Next Generation Network, Bidirektionale Netze, Real-time und Non-real-time Dienste angegeben. Der DVB-Standard für IPTV nennt sich DVB-IPTV.
Übertragungsverfahren
Offenes Internet vs. geschlossene Netze
IPTV wird bei der Verbreitung über einen Telekommunikationsdienstleister mittels eines geschlossenen Datennetzes angeboten. Dank neuer Videodatenkompressionen und Breitband-Internetzugang wird es möglich, Fernsehen oder Videos auch über das offene Internet anzubieten. Diese Form wird zum Teil auch Internet-TV genannt und trifft bei Internet-Nutzern auf reges Interesse.
Im Gegensatz zu IPTV über geschlossene Netze und herkömmlichem TV ist für frei verfügbares Internet-TV keine Funktionsgewähr gegeben, da kein Internet-Provider eine Mindestbandbreite garantiert. Es ist außerdem technisch möglich, dass ein Internetzugangsanbieter die Bandbreite konkurrierender Dienste reglementiert. Inwieweit ein solches Vorgehen zulässig ist, wird derzeit unter dem Stichwort Netzneutralität politisch diskutiert.
Hinsichtlich der prinzipiellen Funktionsmöglichkeiten sind beide Ausprägungen IPTV über geschlossene Netze und frei zugängliches IPTV (Übertragung über das Internet oder über ein Hochverfügbarkeitsnetz) weitgehend identisch. Mit Hilfe von clientseitiger Puffertechnik, die die Schwankungen der Download-Leistung aus offenen Netzen temporär und im statistischen Mittel ausgleichen kann, genügen nach einer WDR-Studie je nach Bildgröße bereits Datenraten mit mehr als 2,5 MBit/s Download-Leistung, um eine angemessene Videoqualität zu erreichen. Bei ständig steigender Datenrate werden spezielle Netze sehr schnell überflüssig sein und haben heute schon Probleme, sich am Markt durchzusetzen.
Befürworter von IPTV über geschlossene Netze wenden ein, dass der Bestand an hochauflösenden Fernsehern in den Haushalten derzeit stetig steigt und diese Bandbreiten von mehr als 4 Mbit/s für eine angemessene SDTV-Bildqualität benötigen. Für HDTV wären Datenraten mit mehr als 8 Mbit/s nötig; außerdem sollen je Haushalt auch mehrere Fernsehgeräte zeitgleich betrieben werden können, was eine jeweilige Vervielfachung des Bandbreitenbedarfs bewirken würde.
IPTV-Befürworter gehen deshalb von einem künftigen Bedarf an Internet Bandbreite von mindestens 30-50 Mbit/s je Haushalt aus und sind der Ansicht, dass solche Bandbreiten sowie ein IPTV ähnliches QOS im offenen Internet mittelfristig nicht garantiert werden kann.
Client-Server vs. Peer-to-Peer
Die Videodaten werden von netzbasierten Video-Servern an die Clients übertragen. Die im Netz dadurch verursachte Last wird durch die räumliche Verteilung der Video-Server im Netz bestimmt. Bei Konzentration der Video-Server an einer Lokalität kommt es durch die sternförmige Verteilung sehr schnell zu Überlastungen des Netzes.
Bei einer Peer-to-Peer Verbindung hingegen werden die Videodaten nicht von einem zentralen Server übertragen, sondern der Empfänger sammelt die Videodaten eines Beitrages von vielen verteilten Servern (meist von anderen Nutzern) auf. Durch diesen dezentralen Algorithmus können die Videodaten in einzelnen Netzabschnitten auch mehrfach oder in beide Richtungen gleichzeitig übertragen werden.
Unicast vs. Multicast
Bei der Datenübertragung vom Streamingserver des Senders zum IPTV-Empfangssystem gibt es zwei Verfahren:
- Unicast: Beim Unicast steht jedem Zuschauer ein individueller Datenstrom zur Verfügung. Dadurch kann der Zuschauer den Startpunkt einer Sendung oder eines Videobeitrages individuell bestimmen (Video-on-Demand-Dienst).
- Multicast: Beim Multicast-Verfahren erhalten gleichzeitig alle Empfänger dieselben Daten vom Sender. Dadurch ist zunächst nur lineares Broadcast-TV möglich (linear, da die Reihenfolge der Sendungen nicht vom Benutzer beeinflussbar ist). Das entspricht im Wesentlichen dem Prinzip des Rundfunks. Gegenüber Unicast hat Multicast den Vorteil, dass die Netzlast für den Sender nicht mit der Anzahl der Teilnehmer steigt. In Empfängernetzwerken steigt die Netzlast dennoch erheblich. Allerdings ist ein Video-on-Demand-Dienst nicht möglich. Als Kompromiss besteht die Möglichkeit, einen Near-Video-on-Demand-Dienst anzubieten, bei dem das Video wiederholt zeitversetzt ausgestrahlt wird. Die maximale Wartezeit auf ein Video ist dann das Zeitintervall der Wiederholungen.
Datenrate
Die notwendige Datenrate, um Bewegtbilder vom Sender zum Empfänger zu übertragen, ist von der verwendeten Kodierung abhängig. Übliche Faktoren sind:
- Bildgröße
- Farbtiefe
- Bildveränderungen
- Anzahl der Audio-Kanäle
- evtl. synchrone Zusatzinformationen
Üblich verwendete Kodierungsverfahren sind VC1 und H.264. Für eine PAL- oder (SDTV)-Qualität (Standard Definition Television) wird eine Datenrate von durchschnittlich 2-6 MBit/s benötigt. Für HDTV ist eine Datenrate von durchschnittlich 6-16 MBit/s notwendig. Dazu ist ein Breitbandanschluss zum Teilnehmer notwendig (z. B. DSL, ADSL2/VDSL, Kabelmodem).
Empfangsgeräte
IPTV über geschlossene Netze benötigt aus technischen Gründen ein vom IPTV-Veranstalter freigegebenes Gerät (Set-Top-Box) für den Empfang auf dem Fernseher. Für den Empfang auf dem PC muss der Nutzer die Multicast-Adressen der TV-Streams kennen, um die Programme mit entsprechender Software (z. B. VLC-Player) empfangen zu können.
Ein Programmangebot kann aus urheberrechtlichen Gründen auf eine bestimmte Art einer Ausgabe (PC oder Set-Top-Box, Fernseher u. a.) beschränkt sein. Diese Grenzen verschwimmen jedoch dadurch, dass PCs an den Fernseher angeschlossen werden oder TV-Signale auf dem PC abgespielt werden können. Das Endgerät empfängt beim IPTV Datenströme über eine Internetanbindung, teilt diese in Unterströme auf (Audio, Video, Daten etc.), dekodiert und liefert ein Bild- und Audiosignal an die Video-Audio-Ausgabeeinheit.
Folgende IPTV-Endgeräte gibt es:
- PC: In der Regel ist lediglich eine Softwareinstallation notwendig (z. B. MediaPortal oder LinuxMCE), dabei ist auch eine Bildausgabe über ein TV-Gerät möglich.
- UMTS Handys und andere mobile Endgeräte mit großem Display sind IPTV-tauglich. (siehe: Handy TV)
- Set-Top-Box: Dazu wird die IPTV-Set-Top-Box im Allgemeinen auf der einen Seite an den Router (Internetanschluss) angeschlossen und auf der anderen Seite an die SCART-Buchse oder den HDMI-Eingang des Fernsehers. Reine IPTV-Fernsehgeräte gibt es derzeit noch nicht auf dem Markt, aber es existieren mittlerweile Flachbildschirme (LCD-TV/LED-TV) mit integriertem Internet-Anschluss (LAN/WLAN) sowie der notwendigen Software (z.B. von Panasonic/VieraCast, Samsung, Sony, Loewe)
- IP-Box: proprietäre Boxen um den Fernseher mit dem Internet zu verbinden, z.B. AppleTV, Boxee/DLink, oder Boxen basierend auf der Software Google-TV
- Digital Signage und andere Werbe- und Informationsanzeigesysteme. (Der Rückkanal wird selten verwendet.)
- Kiosksysteme, bei dem Videodaten angezeigt werden.
- Spielkonsole: Hardwareanordnung ähnlich wie bei Set-Top-Boxen.
IPTV-Dienste und interaktive Zusatzfunktionen
IPTV bietet mehr als die klassische Fernsehbildübertragung. Durch den integralen Rückkanal des IPTV eröffnet sich eine Vielzahl von Funktionen für den Zuschauer, die teilweise auch aus dem interaktiven Fernsehen, von DVD-Spielern oder Videorekordern bekannt sind.
- Suche nach und Empfehlung von Videobeiträgen oder TV-Sendern. Die Suche geschieht durch Angabe von Klartextanfragen oder mit Hilfe des Zuschauer-Profils, das die Vorlieben kennt (TiVo). Diese Angaben werden mit Metainformationen (Tags), Ergebnissen von Bilderkennungssytemen und Algorithmen des semantischen Netzes verglichen und adäquate Vorschläge generiert (siehe auch Theseus).
- Video-on-Demand (oder auch Datenbank-TV) ermöglicht das Abspielen eines beliebigen Videobeitrags zu einer beliebigen Zeit. (Video-Podcast wird oft synonym gebraucht.)
- Near-Video-on-Demand: Ermöglicht das Abspielen eines beliebigen Videobeitrags zu fest vorgegebenen Anfangszeiten.
- Timeshift-TV ist ein eingeschränkter Video-On-Demand-Dienst, bei dem der Zuschauer nur auf Inhalte zugreifen kann, die er vorher auf einem Speichermedium (meist Festplatte) im Endgerät (PVR-Videorecorder) oder serverseitig (nPVR – network(based)-Personal-Video-Recorder) aufgezeichnet hat.
- Zugriff auf elektronische Programmzeitschriften
- Untertitel
- Teletext
- Zuschaltung von Mehrkanalton und Fremdsprachenkanälen
- Kauftransaktionen und T-Commerce
- Funktionen des Web2.0:
- Der Zuschauer kann Empfehlungen auf, Kommentare über und Stichwörter für Videobeiträge und IPTV-Sender abgeben und dadurch die Qualität des Services verbessern.
- Der Zuschauer kann individuelle Playlisten (Zusammenstellungen von Videobeiträgen) erstellen und sie anderen Zuschauern zur Verfügung stellen. Die Redaktion (Auswahl und Reihenfolge) wird zum Zuschauer verlagert.
- Das Hochladen von Videobeiträgen.
Quelle: Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/IPTV)