Ein Navigationssystem ist ein IT-gestütztes technisches System, das mit Hilfe von Positionsbestimmung (Satellit, Funk, GSM bzw. inertes oder autonomes System) und Geoinformationen (Topologie-, Straßen-, Luft- oder Seekarten) eine Zielführung zu einem gewählten Ort oder eine Route unter Beachtung gewünschter Kriterien ermöglicht.
Aufbau
Das eigentliche, auf Funknavigation basierende System ist meist zweiteilig. Es besteht aus einer Empfangseinheit, die Funksignale mehrerer kodierter Sender auf ihre Laufzeit hin untersucht. Aufgrund dieser Daten berechnet es seinen aktuellen Standort (zur Abgrenzung siehe auch Inertiales Navigationssystem). Die meisten bzw. fast alle der gängigen heute erhältlichen Navigationsgeräte benutzen das US-amerikanische NAVSTAR-GPS zur Positionsbestimmung. Eine Erläuterung des Funktionsprinzips des GPS-Systems findet sich ebenda oder im Artikel GPS-Technik.
Die sichere Berechnung ist möglich, sobald drei Signale empfangen werden, denn nur dann können unweigerliche Uhrenfehler im Empfänger ausgeglichen werden. Bei einem vierten Signal lässt sich zusätzlich die Meereshöhe bestimmen. Wenn weitere Satellitensignale vorliegen, erhöht dies die Präzision der Berechnung. Damit ergibt sich die geographische Position in Längengrad und Breitengrad, wobei die höchste Genauigkeit heute bei etwa zehn Metern liegt. Ergänzt wird das System meist durch einen elektronischen Kompass, so dass außer der Position auch die Bewegungsrichtung des Benutzers bekannt ist. Mit der Einbeziehung des Dopplereffekts ist auch eine Berechnung der aktuellen Geschwindigkeit des Empfängers möglich.
Navigationssysteme übertragen diese Daten heute in der Regel in digitale Karten und können somit nicht nur die Position in Koordinaten angeben, sondern auch ein grafisches, benutzerfreundlicheres Abbild der Position in einer digitalen Karte erzeugen. Durch das Vorhandensein von Kartenmaterial im Navigationssystem besteht die Möglichkeit, nach Eingabe von Zielkoordinaten eine Route vom momentanen Aufenthaltsort zum gewünschten Zielort zu erhalten.
Dabei wird nicht die Luftlinie zwischen Ausgangsposition und Ziel angezeigt, sondern ein Weg über Verkehrswege, wie sie im Kartenmaterial hinterlegt sind, der mittels eines so genannten Routing-Verfahrens bestimmt wurde. Somit besteht die Möglichkeit, sich vom Navigationssystem auch in unbekannter Umgebung zum Ziel führen zu lassen. Die Empfehlungen zur Route erfolgen meist durch Anzeige auf dem Display und gesprochenen Abbiege-Befehlen.
Das Berechnen einer Route über die Verkehrswege des Straßenverkehrs, in dem oft eine Vielzahl von Straßen zum gewünschten Ziel führen, stellen hohe Anforderungen an das System. Verkehrsführungen wie Brücken, Einbahnstraßen, Sackgassen, Fähren oder ähnliches müssen beachtet werden. Da im Straßenverkehr auch Geschwindigkeitsbegrenzungen und zu erwartende Durchschnittsgeschwindigkeiten zu beachten sind, bieten fast alle Navigationssysteme an, Routen nach verschiedenen Kriterien zu berechnen, beispielsweise Fahrtzeit oder -strecke.
Kraftfahrzeug-Navigationssysteme
Geschichte
1981 brachte Honda in Kooperation mit Alpine Electronics erstmals ein Auto-Navigationssystem, den Electro Gyrocator, auf den Markt. Das System war nicht in der Lage, den Standort des Fahrzeugs zu ermitteln. Im Heck des Fahrzeugs saß ein Vakuumtank, in dem ein aus der Luftfahrt übernommener Drehwinkelsensor Richtungsänderungen erfasste. Gemeinsam mit einem Wegstreckensensor lieferte er ein Signal, aus dem der Bordrechner eine Linie berechnete, die auf einem Monochrom-Monitor in der Mittelkonsole des Wagens angezeigt wurde. Diese Linie glich der zurückgelegten Fahrtstrecke. Um zu sehen, wo er lang fährt, musste der Fahrer eine transparente Karte vor den Monitor spannen und die Linie mit der dazu passenden Straße auf der transparenten Karte zur Deckung bringen.
Der Electro Gyrocator war im strengen Sinn des Wortes kein Navigationssystem, da er weder den Standort des Fahrzeugs ermitteln noch dem Fahrer Vorschläge zur Routenwahl machen konnte. Das System erlangte keine nennenswerte Verbreitung. Bereits im Stadium der Markteinführung scheiterte 1984 ein System namens City-Pilot von VDO in Kooperation mit einem Straßenkartenverlag. Das System basierte auf einem Erdmagnetfeldsensor, der die ungefähre Position des Fahrzeugs ermittelte. Über einen Barcodeleser und speziell codierte Straßenkarten konnten die Koordinaten des Fahrtziels eingegeben werden. Daraufhin unterstützte das VDO-System den Fahrer bei der Navigation, indem es ihm die Himmelsrichtung und die Entfernung (Luftlinie) zum Zielpunkt anzeigte.
1985 brachte die kalifornische Firma Etak den „Navigator“ auf den Markt, der noch ohne GPS-Daten auskommen musste. Nach Eingabe der Position mittels einer digitalisierten Karte auf einem kleinen, grün leuchtenden Bildschirm orientierte sich der Navigationscomputer anhand von zwei Radsensoren und Kompass im digital abgespeicherten Straßennetz. Wegen der geringen Speicherkapazität mussten immer wieder Daten von einem Data-Cassettenrecorder in das Gerät überspielt werden, was den Betrieb umständlich gestaltete. Da die finanziellen Möglichkeiten der Firma begrenzt waren, konzentrierte sie sich später auf die Herstellung digitaler Landkarten und verkaufte Gerätelizenzen an Blaupunkt (Deutschland), Clarion (Japan) und Delco (USA).
1989 brachte Bosch über seine Tochterfirma Blaupunkt das TravelPilot IDS in die Geschäfte. Dieses System navigierte mittels Informationen von Radsensoren und einer gespeicherten digitalen Straßenkarte. Pioneer folgte 1990 mit dem ersten GPS-gestützten Auto-Navigationssystem. Das erste serienmäßige Navigationssystem in einem deutschen Auto befand sich 1994 im BMW 7er, Typ E38.
Mit dem Wegfall der gezielten Verschlechterung des GPS-Signals durch das US-Militär im Jahr 2000 wurde die rein GPS-gestützte Navigation auch im PKW erschwinglich. Vor diesem Zeitpunkt betrug die Genauigkeit rund 100 m; dieser Wert machte für eine präzise Navigation vor allem in Stadtbereichen zusätzliche Hilfsmittel (Radsensoren, Kreiselkompass) notwendig. Diese sind jetzt nur noch zur Aufrechterhaltung der Navigation unter schlechten Empfangsbedingungen (wie z. B. in „Straßenschluchten“ bzw. in Tunneln) nötig.
Heute gibt es im Privatkundenbereich GPS-gestützte Navigationssysteme in Form von Auto-Festeinbauten (z. B. im Autoradio von Drittanbietern), als transportables Stand-Alone-Gerät (PND) oder auch als Software-Erweiterung für PC, PDA oder Mobiltelefone.
Anforderungen
Bei kurzzeitigem Signalausfall (Tunnel) braucht man Systeme, die die aktuelle Position extrapolieren. Die Ideallösung bestünde in einer Inertial-Komponente, die ihre Position nach Wegfall des Funksignals durch Informationen eines Trägheitssystems interpoliert. Solche Systeme werden in Flugzeugen eingesetzt (INS) und können dort zur autonomen Navigation verwendet werden. Allerdings sind solche Systeme sehr teuer und für Fahrzeuge mit einer hohen Dynamik in ihrer Bewegung (häufiger Wechsel der Richtung und der Geschwindigkeit) nur mit hohem Aufwand genau genug.
Fest eingebaute Systeme in Kraftfahrzeugen (Werkseinbauten) überbrücken Bereiche ohne Satellitenkontakt zusätzlich durch Radsensoren, welche die zurückgelegte Strecke relativ genau und Richtungswechsel mit hinreichender Genauigkeit nachführen können.
Bei mobilen Geräten muss die Software diese Berechnung leisten: Fällt das Signal aus, gehen diese Systeme davon aus, dass der Fahrer sich an die vorgegebene Route hält und seine Geschwindigkeit nicht ändert. Die wesentliche Besonderheit bei Kfz-Navigationssystemen ist die Routenplanung, die in dieser Form und vor allem in dieser Komplexität weder in der Schifffahrt noch in der Luftfahrt so gefordert ist.
Möglichkeiten
Wie bereits oben erwähnt, ist mit Hilfe von Navigationssystemen auch ein Navigieren in unbekannten Gebieten möglich. Nachdem das Gerät alle notwendigen Daten zu Verfügung hat (derzeitige Position, aktuelles Kartenmaterial und gewünschter Zielort), ist keine weitere Bedienung mehr notwendig. Ein häufiger Blick auf die Karte zur Positionsbestimmung mittels Straßennamen entfällt gänzlich, sofern das System einwandfrei funktioniert, was Zeit und Mühe spart.
Moderne Systeme empfangen zusätzlich TMC oder TMCpro und berechnen bei Staus selbstständig oder auf Wunsch eine Umleitungsroute. Dabei wird nicht nur das Vorhandensein einer Behinderung als Grund für die Umleitung angesehen, sondern die zu erwartende Verspätung (stockender Verkehr, Stau, Unfall sowie Vollsperrung haben systembedingt andere Werte, die jedoch auch manuell geprüft über TMC verbreitet werden) bei einem Betroffensein von der gemeldeten Behinderung. Parallel dazu wird eine Umleitungsroute berechnet und die benötigte Zeit zum zurücklegen mit dem Zeitaufwand der ursprünglichen Strecke plus der zu erwartenden Verspätung verglichen.
Erst wenn ein Umgehen der Störung sinnvoll ist (= Zeitersparnis) berücksichtigt das Navigationssystem die Meldung. Der TMC-Dienst ist vor allem im Ausland sehr angenehm, da man die verlesenen Verkehrsmeldungen nicht mehr verstehen können muss bzw. sie aufgrund einer einheitlichen internationalen Codierung auf dem System in der gewünschten Sprache dargestellt werden. Dieses Signal steht allerdings nicht in allen Ländern (kostenlos) zur Verfügung.
Je nach Kartenmaterial können sogenannte POIs (Points of Interests) angesteuert werden. Diese Punkte sind mit ihren Eigenschaften (Tankstelle, Raststätte, Restaurant o.Ä.) und ihren Koordinaten auf der Karte gespeichert. Oft steht auch ein Speicher für wichtige Ziele zu Verfügung, welche oft angefahren werden, um Eingabezeit zu sparen.
Darüber hinaus werden manche Navigationssysteme mit einem Warndienst für Radarfallen oder Ampelblitzern ausgestattet. Diese warnen allerdings nur vor stationären Kontrollpunkten, da ein Aktualisieren im Fahrzeug nicht möglich ist und darüber hinaus kein Datendienst zu Verfügung steht, der die Informationen, wie sie oft bei Blitzerwarnern im Radio vorgelesen werden, überträgt. Außerdem ist der Betrieb derartiger Systeme in Deutschland gemäß § 23 Absatz 1b StVO während der Fahrt auf öffentlichen Straßen verboten. Auch in anderen Ländern, unter anderem in Österreich, ist ein Betreiben solcher Informationsdienste während der Fahrt nicht gestattet. Das Heranziehen solcher Informationen zur Routenplanung ist jedoch legal.
Navigationssysteme in Kraftfahrzeugen bringen eindeutig Vorteile, wenn auch eine gewisse Häufung von Unfällen zu beobachten ist, die auf Ablenkung des Fahrers durch die Bedienung des Gerätes beruhen. Untersuchungen haben ergeben, dass vor allem bei der Fahrt in unbekannten Städten rund 50 % der Konzentration für das Ablesen von Wegweisern, das korrekte Einordnen und Kontrolle der eigenen Position und somit für die Navigation benötigt wird. Zudem geht man davon aus, dass rund 30 % des Stadtverkehrs d.h. der Verzögerungen besonders durch Staus durch Personen verursacht wird, welche auf der Suche nach einer bestimmten Adresse oder einer Parkmöglichkeit sind. Oftmals verleitet die Angst, eine Abfahrt zu verpassen und nicht mehr zurückzufinden insbesondere weniger geübte Fahrer zu riskanten Fahrmanövern (hastige Spurwechsel, starke Bremsmanöver etc.) und steigert somit die Unfallgefahr.
Outdoor-Navigationssysteme
Gerätearten
GPS-Empfänger für die Navigation oder Ortung im Freien sind üblicherweise Handgeräte. Sie können entweder mit einem Armband am Handgelenk (ähnlich der Armbanduhr) oder einfach in der Hand bzw. mit einer Gürtelschlaufe getragen werden. Manche Geräte bieten spezielle Halterungen, mit denen sie am Lenker eines Zweirades (Fahrrad oder Motorrad) befestigt werden können. Einige Hersteller bieten für den Outdoor-Einsatz optimierte Geräte an. Sie zeichnen sich durch ihre robuste Bauweise (wasserdicht, stoßfest) aus. Manchmal werden für den Einsatz im Sonnenlicht besser geeignete transflektive und entspiegelte Displays verwendet. Diese lassen sich auch ohne zusätzliche Hintergrundbeleuchtung benutzen, was zu längeren Betriebszeiten beiträgt.
Für blinde und sehbehinderte Menschen gibt es spezielle Navigationssysteme, die ihre Informationen per Sprachausgabe zugänglich machen. Diese Navigationssysteme nutzen ebenfalls die satellitengestützte Navigation über GPS. Die Datenaus- und -eingabe verläuft entweder über eine eigens entwickelte Steuereinheit oder über ein Mobiltelefon.
GPS-Daten und Karten
Auf vielen Outdoor-Navigationssystemen können digitale, topographische Karten abgespeichert und zum Navigieren verwendet werden. Es lassen sich zwei Arten digitaler Karten unterscheiden: Raster- und Vektorkarten. Rasterkarten bestehen wie Digitalfotos aus vielen kleinen Bildpunkten (Pixeln). Ihr Kartenbild ähnelt dem von Papierkarten, damit wird vielen Anwendern die Orientierung erleichtert. Vektorkarten bestehen dagegen aus Punkten, die mit Linien verbundenen sind. Daraus resultiert ein schematisches Kartenbild. Mit den Elementen einer Vektorkarte können (im Gegensatz zu Rasterkarten) weitere Informationen verknüpft sein, z.B. Höhenangaben oder Straßennamen.
Mittlerweile haben auch autoroutingfähige, topographische Karten auf Outdoor-Navigationssystemen Einzug gehalten; d.h. nach Eingabe von Start und Ziel berechnet das Gerät wie bei der Autonavigation eine Route entlang des Wegenetzes. Einige Geräte bieten sogar Sprachansagen, mit denen auf den Streckenverlauf hingewiesen wird. Die routingfähigen Karten sind ausschließlich Vektorkarten, bei denen entsprechende Informationen mit dem Straßen- und Wegenetz verknüpft sind. Mittlerweile gibt es auch spezielle Rasterkarten, die mit einem vektoriellen Wegenetz verknüpft und somit routingfähig sind.
Quelle: Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Navigationssystem)